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Widersprüchliche Reaktionen auf Stellungnahme der EU-Kommission zum Glücksspielstaatsvertrag der 15 Bundesländer

21.03.2012
Gestern wurde die Stellungnahme der EU-Kommission zum letzten Entwurf der 15 Bundesländer für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag bekannt. Der Entwurf der 15 Bundesländer steht scheinbar vor dem Aus, obwohl der Inhalt von den Betroffenen völlig unterschiedlich gedeutet wird. Die Kommission weist z.B. auf fehlende schlüssige Begründungen für die Begrenzung der Sportwettenlizenzen auf 20 sowie das Verbot von Online-Casinos und Online-Poker hin. Hier haben wir einige Reaktionen auf die Stellungnahme der EU-Kommission zum Glücksspielstaatsvertrag zusammengefasst:

Hans-Jörn Arp, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag und der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki,:

„Uns war immer klar, dass die Europäische Kommission auch den nachgebesserten Entwurf der 15 anderen Bundesländer nicht akzeptieren wird. Die in der begründeten Stellungnahme der EU-Kommission im Sommer geäußerten Bedenken wurden nicht entkräftet. Es liegt keine abschließende positive Stellungnahme der EU-Kommission zum Vertrag der 15 vor. Wenn Herr Stegner auf dieser Grundlage behauptet, die EU-Kommission habe den Vertrag akzeptiert, dann beweist das nur seine völlige Unkenntnis des EU-Rechts und der EU-Verfahren. Mit ebenso großer Beständigkeit stellte sich dies am Ende wie auch heute als falsch heraus. Für unser Gesetz liegt die abschließende Notifizierung dagegen seit langem vor. Nur zum Vergleich: Wir haben eine A-4 Seite als Schreiben gekriegt, dies sind acht Seiten mit Fragen und kritischen Anmerkungen. Auf der Grundlage kann kein Parlament in Deutschland ernsthaft dem Vertrag der 15 zustimmen. Wir weisen noch einmal darauf hin, dass das Schleswig-Holsteinische Glücksspielgesetz bereits seit deutlich mehr als einem halben Jahr notifiziert ist und nicht beanstandet wurde. Unsere Tür ist weiter offen."

Peter Reinhardt, Zentraleuropachef von "Betfair":

"Die Kommission hat richtig erkannt, dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit der geplanten Regulierung weiterhin höchst fraglich ist. Es überrascht uns nicht, dass der geplante Glücksspielstaatsvertrag der 15 Ministerpräsidenten von der EU-Kommission gerügt wird; schließlich wurde die bereits im Juli 2011 geäußerte Kritik der EU bei der Überarbeitung des GlüÄndStV fast vollständig ignoriert: Die Erhöhung der geplanten Lizenzen von 7 auf 20 Lizenzen bleibt noch immer willkürlich. Das gewählte Besteuerungsmodell einer Spieleinsatzsteuer sowie die Begrenzung der Spieleinsätze auf 1.000 Euro pro Monat erlauben es privaten Anbietern nicht, international konkurrenzfähige Angebote zu liefern. Zudem erschwert das umständliche Lizenzierungsverfahren privaten Anbietern die Zulassung, während die ehemaligen staatlichen Monopolisten ohne Prüfung sofort am Markt aktiv werden dürfen. Der Entwurf der 15 Bundesländer steht damit vor dem Aus. Allerdings existiert mit dem bereits von der EU-Kommission befürworteten Glücksspielgesetz von Schleswig-Holstein eine rechtskonforme Alternative. Anstatt sich weiterhin an dem erneut kritisierten Modell festzuklammern, bleibt kaum eine andere Option, als sich nun dem Schleswig-Holsteinischen Weg anzuschließen. Andernfalls dürften Klagen vor dem EuGH und ein Vertragsverletzungsverfahren unausweichlich sein. Das in Schleswig-Holstein bereits gültige und EU-konforme Gesetz zeigt, wie es geht. Neben Betfair bewerben sich dort aktuell auch viele andere Anbieter von Onlineglücksspielen für eine Lizenz - und das Land profitiert bereits jetzt davon: So engagiert sich Betfair zum Beispiel als Sponsor der Kieler Woche und holt mit der "MOD 70 European Tour 2012" eine der bedeutendsten Segelregatten der Welt nach Kiel."

Jörg Wacker, Direktor der bwin e.K:

"Mit dem Schreiben der EU-Kommission ist der Glücksspielstaatsvertrag von 15 Bundesländern in Brüssel erneut durchgefallen. Die Länder konnten mit ihren Änderungen die Zweifel der EU-Kommission nicht ausräumen. Der neue Staatsvertrag ist absehbar europarechtlich zum Scheitern verurteilt. Die von den Ländern eng begrenzte Marktöffnung steht im Widerspruch zur Marktrealität und den Vorgaben des Unionsrechts. Das von der EU-Kommission notifizierte Schleswig-Holsteinische Glücksspielgesetz kann als Lösung dienen. bwin appelliert an die Länder, auf dieser Basis eine einheitliche Rechtsgrundlage zu schaffen, die den Verbraucherschutz bestmöglich gewährleistet und Rechtsfrieden nach Jahren juristischer Auseinandersetzungen schafft."

Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes:

"Die 15 Länder müssen das Rad nicht neu erfinden. Das Glücksspielgesetz aus Schleswig-Holstein wurde von der Kommission im Notifizierungsverfahren als europarechtskonform gebilligt. Es ist jetzt der geeignete Kompromiss für eine bundesweite, europarechtskonforme Regelung."

Ministerpräsident Rheinland-Pfalz, Kurt Beck:

Ministerpräsident Beck begrüßt das positive Votum aus Brüssel. Die EU-Kommission hat heute mitgeteilt, dass sie keine Bedenken mehr gegen den unter Federführung von Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ausgehandelten Glücksspieländerungsstaatsvertrag hat. Der Weg zur Neuordnung des Glücksspieländerungsstaatsvertrags sei jetzt frei, sagte Ministerpräsident Kurt Beck. Beck forderte seinen schleswig-holsteinischen Amtskollegen Ministerpräsident Carstensen auf, wie zugesagt, dem schleswig-holsteinischen Landtag zu empfehlen, den von Schleswig-Holstein eingeschlagenen Sonderweg aufzugeben.

Niedersächsischer Wirtschaftsminister Jörg Bode:

"Die Europäische Kommission fordert in Ihrer Stellungnahme erhebliche Nachbesserungen in für das Land Niedersachsen zentralen Bereichen - so etwa bei der gewerblichen Spielvermittlung. Den Ländern ist es offenbar nicht gelungen, der Kommission überzeugend darzulegen, dass der neue Glücksspielstaatsvertrag mit dem EU-Recht zu vereinbaren ist. Meine Bedenken, die ich bereits Ende letzten Jahres geäußert habe, bestätigen sich damit leider. Insbesondere zeigt sich, dass die für alle Beteiligten notwendige Rechtssicherheit auch mit diesem Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht erreicht werden wird."


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