Die NFL ist eine der Ligen, in denen das Draftsystem voll greift: Die Spieler sind durch das sehr populäre College Football schon sehr bekannt und ihre Stärken können ausgezeichnet eingeschätzt werden. Begünstigt wird das noch durch die Redshirt-Regelung der NCAA die den professionellen Franchises sehr entgegen kommt. Zudem kann man American Football nur relativ kurz auf wirklich hohem Niveau spielen, zumindest als Nicht-QB. Die meisten Running Backs sind mit 28-29 „verbraucht“, für Safetys und Linebacker gilt das gleiche. Und von den oft in ihrer Bedeutung massiv unterschätzten Linemen will ich hier garnicht sprechen.
Dadurch ist die unbestritten beste Football-Liga der Welt einem ständigen Wandel unterworfen, der immer wieder für „Überraschungsteams“ sorgt, weil ein Rookie seinen Durchbruch schafft oder ein Starspieler seinen Zenit überschreitet.
Genau diesen Wandel können sich Sportwetter zu Nutze machen: Es erscheint auf den ersten Blick unglaublich, aber seit 2003 gab es in jeder NFL-Saison mindestens einen Divisionsieger, der im Jahr zuvor das Schlusslicht der Division war.
- 2003 haben die Carolina Panthers die NFC South gewonnen, während man im Jahr zuvor noch mit 7-9 ganz unten stand.
- 2004 begann die Ära der Chargers in der AFC West die aus einem 4-12 Record ein 12-4 machten und die Division dominierten. Dazu lösten die Atlanta Falcons die Panthers als NFC South Champion ab – und damit gab es in dieser Division zwei Jahre hintereinander eine „from worst to first“-Geschichte.
- 2005 gewannen die Giants überraschend die NFC East und die Bears die NFC North.
- 2006 meldeten sich die im Vorjahr erschrecken schwachen Philadelphia Eagles zurück und schnappten sich die Trophäe der NFC East, in der NFC South dominierte New Orleans, nachdem man im Vorjahr 3-13 untergegangen war.
- 2007 stand wieder die NFC South im Blickfeld der Medien: Die Buccaneers wurden in einer verdammt knappen Saison Divisionchampions – mit einem alles andere als beeindruckenden Record von 9-7.
- 2008 lösten die Miami Dolphins die New England Patriots ab – die zuvor fünfmal in Folge die AFC East gewonnen hatten und als nahezu unschlagbar in der Division galten.
- Und in der letzten Saison, 2009, übernahm New Orleans in der NFC South wieder einmal die Rolle des Phoenix aus der Asche – und holte sogar den Super Bowl!
Man sieht also: Die Divisionletzten sind Teams mit denen man sich unbedingt näher befassen sollte.
In der NFC sind dies Washington, Detroit, Tampa Bay und St. Louis.
Den Rams traue ich nicht viel zu, es fehlt an sämtlichen Grundlagen für ein solides Spiel, ähnliches gilt – wenn auch in kleinerem Maße – für die Buccaneers .
Detroit hingegen hat gute Anlagen: QB Matt Stafford hat mir auf dem College sehr gut gefallen und RB Kevin Smith blieb letzte Saison knapp über der magischen 3.33 Yards-Marke für seine Average Runs. Auch das ist ein gutes Zeichen, ebenso wie der starke WR Calvin Johnson. Dennoch glaube ich nicht, dass die Lions in diesem Jahr schon mit den großen Jungs der Division also Vikings und Packers mithalten können. Dazu fehlt dem Team die Erfahrung und in einigen Teilen auch die Qualität.
Wenn ich mich auf eine „Überraschung“ in der NFC stürzen müsste, dann wären die Redskins meine erste Wahl: Das Team spielt in einer bärenstarken Division, der wohl stärksten der gesamten NFL und konnte in den letzten Jahren kaum überzeugen. Jetzt aber traue ich ihnen die Wende zu: Mit Donovan McNabb wurde ein erfahrener Top-Quarterback geholt, Clinton Portis muss sich vor keinem RB der Liga verstecken und über die Qualität von TE Chris Cooley und WR Santana Moss muss ich wohl nichts sagen. Zudem mag ich Mike Sellers‘ Art die Fullback Position zu füllen und Veteran Albert Haynesworth hält die Defensive zusammen. Wenn ich dann noch einbeziehe, dass der neue Coach Mike Shanahan in Washington freie Hand hat und in Denver beeindruckende Arbeit abgeliefert hat, bekomme ich ein wenig Angst um meine Cowboys. Shanahan ist einer der besten Coaches der Liga und Washington wird in den nächsten Jahren immer stärker werden – ich traue ihnen durchaus eine Breakout-Season zu, so dass Sportwetter ein Auge auf dieses Team haben sollten.
In der AFC waren Buffalo, Cleveland, Jacksonville und Kansas City in der letzten Saison die Schlusslichter.
An Buffalo glaube ich persönlich nicht. Die Bills haben letzte Saison auf ganzer Linie versagt und nun auch noch Terrell Owens verloren, der ihre beste Offensivwaffe war. Er hat zwar nicht immer gepunktet, aber die Defensivspieler auf sich gezogen und gebunden. Zudem sehe ich in der AFC North zwei dicke Brocken auf die Bills zukommen: New England kann wieder auf Brady setzen und Rex Ryan hat aus den Jets einen Superbowlkandidaten für die nächsten Jahre geformt.
Ähnlich pessimistisch bin ich bei Cleveland: Die Browns haben RB Jerome Harrison und ich liebe ihn. Aber Jake Delhomme ist einfach kein Franchise-QB, die WRs Massaquoi und Cribbs sind zu unkonstant und die Defensive überzeugt mich nicht. Gegen Bengals, Steelers und Ravens sehen sie kein Land.
Die Kansas City Chiefs haben mit Matt Cassel einen Quarterback von dem ich viel halte. Es fehlt ihm aber an wirklich soliden Zielen. WR Chris Chambers und WR Dwayne Bowe spielen sehr unkonstant, TE Leonard Pope hat meiner Meinung nach in der NFL nichts verloren. Im Laufspiel hat man gewaltig aufgerüstet und den bärenstarken Thomas Jones von den Jets geholt. Wenn die Chiefs es schaffen, das Passspiel zu etablieren und die linke Seite der O-Line hält (ich mache mir etwas sorgen um Ryan O’Callaghan – Albert und Niswanger machen die Mitte und Rechts zu, aber links wackelt es ab und zu noch ganz gewaltig. Auch in der Defensive gefällt mir Kansas City gut – Spieler wie CB Brandon Flowers und LB Tamba Hali können jede Offensive der Liga aus dem Konzept bringen und auch ansonsten gefallen mir die Depth Charts der Defensive bislang recht gut.
Wenn die Chiefs es schaffen Verletzungen zu vermeiden, haben sie gute Chancen San Diego am Ende der Saison zu überrumpeln. Die Chargers liefen schon in der letzten Saison nicht rund, hatten aber viele eher schwache Gegner. So geht es 2010 den Chiefs, so dass man sie im Auge behalten sollte.
Auch Jacksonville sehe ich übrigens stärker als viele andere: Maurice Jones-Drew ist einer der besten Backs der Liga, Mike Sims-Walker ein starker Wide Receiver und TE Marcedes Lewis mehr als solide. Zudem gibt die O-Line David Garrard genug Zeit sich seine Ziele auszusuchen. Theoretisch zumindest den Garrard hat nicht das Zeug zum Franchise-Quarterback. Das Prunkstück der Jaguars aber ist 2010 die Defensive: DE Aaron Kampman und seine D-Line sorgen dafür, dass das Linebacker-Duo Daryl Smith und Justin Durant seine Klasse voll ausspielen kann und im CB Rashean Mathis kann die meisten Receiver der Liga aus dem Spiel nehmen. Dennoch, auch wenn ich mir viel von Jacksonville erhoffe, traue ich ihnen den Divisionsieg nicht zu. Zu hart ist der Schedule in den ersten vier Wochen muss man gegen Denver, San Diego, Philly und die Colts ran. Im Laufe der Saison trifft man dann – natürlich neben Colts, Texans und Titans – auch noch auf die Cowboys, die Giants und das wieder erstarkende Washington (siehe oben). Jacksonville ist stark – aber für den Divisionsieg reicht es bei diesem Programm nicht.